Dieser Artikel wurde zuletzt am 10. Februar 2023 aktualisiert.
Irgendwie ist das schon komisch. Erst vor wenigen Wochen lief ich in Berlin an jenem Ort vorbei, wo sich einst der sogenannte Führerbunker befunden hatte und fragte mich, wie es damals dort unten wohl ausgesehen haben mag. Jetzt kann ich es mir halbwegs vorstellen, bin ich doch am Obersalzberg in einem vergleichbarem Bunkerkomplex gewesen. Dieser, noch heute fast vollständig erhaltene Bunker, wurde einst für Adolf Hitler und führende Nazis in den Berg getrieben.
Zugegebenermaßen empfinde ich es immer besonders spannend solche Orte der Zeitgeschichte mit eigenen Augen zu sehen. Ganz sicher hege ich keinerlei Sympathien für Hitlers Gräueltaten, doch wo, wenn nicht an solchen Orten wird Geschichte erleb- und spürbar. Egal ob in einer ehemaligen Ritterburg, in einem römischen Amphitheater oder eben in einem Nazi-Bunker.
Da am Obersalzberg einige der traurigsten Kapitel deutscher Geschichte ihren Anfang nahmen und hier unzählige Fotos, die wir aus den Geschichtsbüchern kennen aufgenommen wurden , waren meine Erwartungen an den Besuch auf dem Obersalzberg, der heute ein Teil der Gemeinde Berchtesgadens ist, besonders hoch. Doch das dortige Dokumentationszentrum enttäuscht mich etwas. Ich hatte mir erhofft hier tiefgreifendere Infos über das einstige sogenannte Führerspergebiet Obersalzberg zu bekommen, historische Fotos von damals zu sehen und aus erster Hand zu erfahren, wie die Enteignungen der ehemaligen Anwohner abliefen, was die Nazis anschließend hier taten und was nach dem Krieg aus dem Obersalzberg wurde. Zwar wird etwas davon in der Ausstellung grob angerissen, jedoch nicht wirklich tiefgreifend behandelt. Statt sich nur auf den Obersalzberg zu konzentrieren, wird in der Ausstellung versucht einen Gesamtüberblick über den 2. Weltkrieg und den Holocaust zu geben. Dies allerdings in einer nur sehr oberflächlichen und stark populärwissenschaftlichen Art. Die Beschränkung auf das Wesentliche wäre hier sicher spannender und besser gewesen.
Ein großer Pluspunkt allerdings ist, dass man vom Dokumentationszentrum aus direkt in einen Teil der ehemaligen Bunkeranlage kommt. Zwar gibt es hier nicht wirklich viel zu sehen, aber allein das mächtige Ausmaß und die Vorstellung daran, wer hier einst durch die Gänge lief, bereitet eine schaurige Gänsehaut. Hier wird Geschichte wieder weniger abstrakt und unmittelbar spürbar. Wer einmal dort ist, sollte sich nicht nur auf die vom Dokumentationszentrum aus zu erreichenden Bunker beschränken. Besonders interessant ist vor allem eine Besichtigung der Bunkeranlage, die durch das “Gasthaus zum Türken” erreichbar ist. Das Gasthaus, in dem einst die SS untergebracht war, ist das einzige Gebäude auf dem Obersalzberg, das nach der Enteignung durch die Nazis, später wieder an die Nachfahren der ursprünglichen Besitzer zurückgegeben wurde und somit heute in Privathand.
Hier führen die Bunker unterirdisch u. a. bis zum Berghof Hitlers. Es sind Räume mit Sehschlitzen und Aussparungen für Maschinengewehre zu sehen, die ein Eindringen von außen damals unmöglich machten. Je tiefer man vordringt und desto näher man dem heute zugemauerten Teil unterhalb des Berghofes kommt, desto eindrucksvoller wird es. Man geht durch den Raum, in dem sich einst das Schlafzimmer von Hitlers Leibwache befand und dann durch das Badezimmer seiner Leibwache, um dann vor dem an die Wand gepinseltem Hinweis zu enden, dass sich hinter dieser Mauer die eigentlichen Räume Adolf Hitlers und Eva Brauns befanden. Ein komisches Gefühl, dort zu stehen, wo sich Hitler regelmäßig aufhielt.
Wieder draußen wollte ich unbedingt noch den Ort sehen, wo Hitler sich einst den Berghof errichten ließ. Zwar ist das Gebäude längst gesprengt und nur die Grundmauern sind erhalten, aber auch hier wusste ich, dass ein Besuch zum besseren Geschichtsbewusstsein beitragen würde. In unzähligen Geschichtsbüchern sind Fotos vom Berghof mit der grandiosen Aussicht in Richtung Watzmann abgebildet. Oft wird in diesen Büchern diese sagenhafte Szenerie beschrieben, mit dem Hitler ganz gezielt auch Einfluss auf seine Gäste, die er hierher einlud zu nehmen vermocht haben wollte.
Doch auch hier eine kleine Enttäuschung. Ebenso wie zu allen anderen Häusern auf dem Obersalzberg, findet sich auch zur Berghof Ruine kein Wegweiser. Fast scheint es so, als wolle man ganz gezielt vermeiden, dass diese Orte besucht werden. Doch wer eine Weile sucht, wird schließlich leicht fündig. Als ich dann dort stand, war ich sehr überrascht. Zu gut hatte ich die vielen alten Fotos vor Augen. Die Lage, den Hang im hinteren Bereich des Gebäudes, die ehemalige Zufahrt – vieles erkannte man wieder. Doch etwas ganz Entscheidendes hatte sich im Vergleich zu den Fotos stark verändert: der Bergblick war weg. Gegenüber des Berghofes ist am Hang inzwischen ein stattlicher Wald gewachsen, der den Blick versperrt. Nur wer genau zwischen den Bäumen hindurchlugt, erkennt die Szenerie der Fotos wieder. Dann wird auch hier Deutschlands dunkle Geschichte erlebbar.
Ein kleiner Tipp: Da auf dem Obersalzberg praktisch nichts ausgeschildert ist, empfehle ich jedem, der dort die Originalschauplätze sehen will, sich vorab im Internet über die Lage der einzelnen Gebäude zu informieren und ggf. eine entsprechende Karte oder ein Buch mitzunehmen. Mir hat der wirklich interessante “Pastfinder Obersalzberg” (HIER BEI AMAZON ANSCHAUEN)* gute Dienste geleistet.
Und hier noch ein paar bewegte Bilder aus den Bunkern:
[…] noch die damalige Tarnbemalung trägt ins Innere der Anlage trete, fühle ich mich sofort an meinen Besuch auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden erinnert. Die dortigen Bunker von Hitler und seinen Schergen sehen diesem zum […]
[…] die mich faszinierten und über die ich auf Breitengrad66 berichtete. So fuhr ich z.B. auf den Obersalzberg und nach Auschwitz. Vor allem das, was ich in Auschwitz sah, ließ mich lange nicht los. Ich begann […]