Dieser Artikel wurde zuletzt am 14. Januar 2019 aktualisiert.
Kürzlich war ich zum ersten Mal in China. Das Land hat mich ziemlich begeistert. Vor allem die schillernde Metropole Shanghai hat es mir auf den ersten Blick angetan. Doch während gerade in der 23-Millionen-Metropole alles etwas größer, moderner und aufregender ist, gibt es rund um diese Mega-City einige Orte, die noch das traditionelle China zeigen. Alle eignen sich wunderbar für Ausflüge von Shanghai aus.
Die Wasserstadt Mudu (木渎)
Meine erste Begegnung mit dem “alten China” ist die Wasserstadt Mudu. Keine 100 Kilometer westlich von Shanghai gelegen, präsentiert sich hier ein ganz anderes Bild, als das der pulsierenden Großstadt. Hier geht es beschaulich zu. Vor einem Restaurant sitzen ein paar Köche. Sie genießen die Frische des Morgens und scheinen keine Hektik zu kennen. Genüsslich paffen sie an ihren Zigaretten und lächeln die vorbeikommenden Menschen an. Fast erscheint mir diese Szene schon etwas Sinnbildlich für die Gemütlichkeit Mudus. An einem Kanal, der etwas an Venedig erinnert flanieren die Menschen vor den alten, auf traditionelle Weise erbauten, Häusern vorbei. Über 2500 Jahre soll Mudu alt sein. Die Stadt, rund 12 Kilometer südwestlich von Suzhou gelegen, ist vor allem auch für ihre traditionellen chinesischen Gärten bekannt. Einer davon ist der „Yan’s Garden“, den man oft auch unter der Bezeichnung Yanjia Huayuan (严家花园) findet. Ich fühle mich wie in einer kleinen Oase. Niedliche Teehäuser säumen den Teich, in dem sich zahlreiche Kois tummeln, kleine Brücken führen über das Wasser und die zahlreichen Magnolien spenden wohltuenden Schatten.




Vom “Shanghai Tour Bus Center” (direkt neben dem Shanghai Stadium) fahren Touristenbusse nach Mudu. Alternativ bietet sich die Fahrt mit einem Zug nach Suzhou an. Am dortigen Hauptbahnhof kann man den Bus 64 nehmen, der einen direkt nach Mudu bringt. Individuelle Ausflüge gibt es aber auch als Komplettpaket u.a. bei China Tours.
Was kostet der Eintritt in den „Yan’s Garden“?
Erwachsene 62 RMB, Kinder 39 RMB, Gruppen ab 10 Personen 55 RMB pro Person
Suzhou (苏州)
Der interessanteste Ausflug dürfte aber wohl jener nach Suzhou sein. Schon Marco Polo soll einst begeistert von dieser Metropole gewesen sein, die damals eine der bedeutendsten Städte des Landes war. Eindrucksvolle Paläste, prächtige Tempel, idyllische Gärten und imposanten Pagoden sollen einen enormen Eindruck auf den Venezianer gemacht haben.

Mit dem Boot auf dem Kaiserkanal
Vieles davon ist noch heute zu sehen. Durch die vielen Kanäle und Brücken nennt man Suzhou übrigens das Venedig Chinas. Als ich mit einem Boot einen Ausflug auf dem Kaiserkanal unternehme, der zugleich die längste von Menschen erbauten Wasserstraße der Welt ist, wähne ich mich tatsächlich gelegentlich in Italien. Überall zweigen kleine Kanäle ab, auf den Brücken posieren Hochzeitspaare für unvergessliche Fotos und vom Wasser aus ergeben sich immer wieder spannende Einblicke ins alltägliche Leben der Bewohner Suzhous.



Entlang der Pingjiang Road ist vieles wie vor 800 Jahren
Einen ähnlich schönen Einblick ins tägliche Leben bekommt man vor allem auch auf der Pingjiang Road. Einer Straße, die parallel zum gleichnamigen Fluss an alten Steinhäusern vorbei verläuft und in der Abends das Leben so richtig erwacht. In Straßenküchen gibt es allerhand Leckereien. Überall steigen die unterschiedlichsten Gerüche empor. Zum Teil ist es etwas wuselig, gleichzeitig aber auch beschaulich und gemütlich. Schaut man den Booten zu, die langsam auf dem schmalen Fluss vor den niedlichen Teehäusern entlang gleiten, fühlt man sich etwas wie auf einer Zeitreise. Vieles in der Pingjiang Road soll auch schon vor 800 Jahren so ausgesehen haben, wie heute. Damals war es die Zeit der Song Dynastie.

Traditionelle chinesische Gärten als UNESCO Weltkulturerbe
Neben den Kanälen ist Suzhou jedoch hauptsächlich berühmt für seine traditionellen chinesischen Gärten, von denen neun zum UNESCO Weltkulturerbe zählen. Einst gab es hier über 200 solcher Gärten, die Ausdruck des Reichtums waren und der Stadt den Beinamen “irdisches Paradies” einbrachten. Ich habe mir zwei davon angeschaut und war ziemlich begeistert. In beiden war wunderbar zu erkennen, worum es in chinesischen Gärten geht – nämlich darum, natürliche Landschaften im Kleinformat nachzubilden.
Garten des Meisters der Netze (Wangshi Yuan 网师园)
Der erste Garten in dem ich war, ist der sogenannte Garten des Meisters der Netze. Er gehört mit einer Fläche von 4000 Quadratmetern zu den kleineren klassischen Gärten von Suzhou und stammt vermutlich aus dem 13. Jahrhundert. Mir hat direkt der zentrale Teich gefallen, um den herum der Garten aufgebaut ist. Es gibt abends im Garten auch Folklore-Vorführungen mit Gesang, Schauspiel und Tanz.

Garten des bescheidenen Beamten (Zhuozheng Yuan 拙政园)
Der größte Garten ist der Garten des bescheidenen Beamten. Dieser ist ein Paradebeispiel für vollkommene Harmonie und zählt zu den schönsten in ganz China. Als ich durch die grüne Oase schlendere ist mir gar nicht direkt bewusst, dass die Geschichte des Gartens bis in die Ming-Dynastie zurückreicht. Im Jahre 1509 soll er nach dem Prinzip des Feng Shui angelegt worden sein. Teiche mit gigantischen Lotuspflanzen, Steinbrücken, die im Zickzack verlaufen, weil die Chinesen glauben, dass böse Geister nicht im Zickzack laufen können und allerhand Pavillons und Teehäuser mit reichen Verzierungen sind zu finden. Durch Steinberge, Bambus, andere Gräser, Sträucher und Bäume werden Landschaften nachgebildet, die das Leben in Harmonie mit der Natur darstellen sollen. Tatsächlich wäre auch auf mich diese Harmonie fast übergesprungen. Leider war es während meines Besuches hier extrem voll. Angenehm ruhig war es jedoch in jenem Teil des Gartens, in dem die faszinierende Sammlung von Bonsai-Bäumen gezeigt wird. Über 700 teils uralte Bonsai sind hier zu sehen. Jeder davon sicher ein Vermögen wert.






Erste Seidenfabrik Suzhous: (苏州第一丝绸厂)
Berühmt ist Suzhou vor allem auch wegen der Seide. Die Stadt gilt als einer der Endpunkt der Seidenstraße. Im 12. Jahrhundert entwickelte sich Suzhou durch die Seidenweberei zum Zentrum Chinas. Auch heute kann man noch gut nachvollziehen, wie die Seide über Jahrhunderte produziert wurde. In einer Fabrik, die sich selbst als die erste Seidenfabrik Suzhous bzeichnet, die aber aus den 1920er Jahren stammt, sind Touristen willkommen. Man kann gut nachvollziehen, was auf dem Weg von der Raupe über den Kokon bis zum fertigen Produkt geschieht. Wer Zeit hat, kann dort vorbeischauen, muss es aber gewiss nicht. Ich fand die Präsentation dort eher langweilig.


Markt an der Shantang Street (山塘街)
Statt der Seidenfabrik empfehle ich auf jeden Fall einen Besuch der Markthalle an der Shatang Street in Suzhou. Ich konnte mich an den ganzen Eindrücken dort kaum satt sehen. Die Halle ist riesig. In der untersten Etage werden Obst und Gemüse angeboten – und das in einer Fülle, wie ich es selten zuvor gesehen habe. Manche Obstsorten kannte ich bisher sogar noch gar nicht. Doch mein persönliches Highlight – wenngleich aus Tierschutzgründen auch etwas fragwürdig – ist die oberste Etage. Hier werden Fleisch und Meerestiere angeboten. Ebenfalls in einer Fülle, die einen schlicht umhaut. Vor allem die Fische, Garnelen, Krebse und alles, was das Meer sonst noch zu bieten hat, gibt es hier in einer solchen Fülle, dass diese schon fast unvorstellbar ist.





Suzhou ist sehr gut mit dem Zug zu erreichen. Mehrmals täglich fahren Hochgeschwindigkeitszüge von Shanghai nach Peking, die auch in Suzhou halten. Die Fahrt dauert nur 25 Minuten. Peking ist von Suzhou aus in 5 Stunden zu erreichen. Vom Flughafen Pudong in Shanghai fahren auch Shuttlebusse bis Suzhou. Diese benötigen für die rund 90 Kilometer allerdings 1,5-2 Stunden.
Wo kann man gut übernachten?
Ich habe im Scholar Botiique Hotel Pingjiangfu (苏州市书香府邸 平江府)* geschlafen und mich dort sehr wohl gefühlt. Es liegt in unmittelbarer Nähe zur Pingjiang Road, die sich von hier in zwei Minuten zu Fuß erreichen lässt. Das Hotel ist in traditioneller chinesischer Bauweise errichtet und verfügt sogar über einen entsprechenden Garten. Die Zimmer sind sehr geräumig und das Frühstücksbuffet ist wirklich sensationell.
Adresse: 60 Baita E Rd, Gusu Qu, Suzhou Shi, Jiangsu Sheng, China, 215000 (苏州市白塔东路60号)
Was andere Blogger über Suzhou geschrieben haben:
black dots white spots: Zeitreise ins alte China
Overland Tour: Suzhou – Die Stadt der schönen Gärten
Unterwegs & Daheim: Der Garten des bescheidenen Beamten
Gecko Footsteps: Suzhou – Das Venedig von China
Wasserdorf Zhujiajiao (朱家角鎮)
Wer nach Ausflügen rund um Shanghai sucht, dürfte schnell auch auf Zhujiajiao stoßen. Die Gemeinde mit ihren 66.000 Einwohnern liegt fast am Stadtrand von Shanghai und zeichnet sich, wie auch Suzhou und Mudu durch viele Kanäle aus. Kein Wunder, dass man sie deshalb auch das Venedig Shanghais nennt. Auch hier sind es viele alte traditionelle Steinhäuser, sehenswerte Tempel und zahlreiche Brücken, die das Bild des Wasserdorfes prägen. Durch die Nähe zur großen Metropole zieht es allerdings sehr viele Tagesausflügler hier her. Entsprechend voll kann es in den engen Gassen werden.




Ich wurde von China Tours nach Suzhou und Shanghai eingeladen.
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