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Unter Tage im Erzbergwerk Rammelsberg

Dieser Artikel wurde zuletzt am 10. Februar 2023 aktualisiert.

Bergbau, alte Zechen und Gruben, Industriekultur – seitdem ich immer häufiger im Ruhrgebiet unterwegs bin, fasziniert mich all das, was über Jahrhunderte dort und in anderen Teilen Deutschlands das tägliche Leben prägte. Bei allen Bergwerken, die ich im “Pott” besichtigt habe, blieb immer ein Wunsch: einmal auch unter Tage die imposanten Anlagen zu besichtigen. Leider ist dies im Ruhrgebiet fast nirgendwo mehr möglich. Wer in die dunkle Welt einfahren möchte, muss in den Harz. In Goslar befindet sich das zum Weltkulturerbe der UNESCO gehörende Erzbergwerk Rammelsberg, in dem man auch heute noch einfahren kann.

Mehrere Führungen stehen zur Wahl

Während man sich den Großteil der Anlagen über Tage auf eigene Faust anschauen kann, kommt man in die Tiefe nur mit einer Führung. Von diesen werden regelmäßig verschiedene angeboten. Man kann z.B. mit der Grubenbahn einfahren und sich anschließend über den Bergbau im 20. Jahrhundert informieren oder sich in den sogenannten Roeder-Stollen führen lassen, in dem vor über 200 Jahren Bergbau betrieben wurde. Ich kann mich kaum entscheiden, an welcher Führung ich teilnehmen soll. “Wenn Sie schon einige Zechen im Ruhrgebiet besucht haben”, rät mir ein Bergwerks-Mitarbeiter, “dann wählen Sie den Roeder-Stollen. So etwas haben Sie sicher noch nicht gesehen. Das ist einzigartig!”

Passend ausgerüstet entscheide ich mich für eine Führung in den Roeder-Stollen
Passend ausgerüstet entscheide ich mich für eine Führung in den Roeder-Stollen

Auf Zeitreise in die Vergangenheit

Ich nehme den Rat an und entscheide mich für die Tour in den alten Stollen. Diese trägt zugleich den Untertitel “Auf den Spuren des Wassers”. Warum das so ist, wird schnell klar. Als wir auf dem Weg zum Eingang des Stollens, dem sogenannten Mundloch, den Herzberger Teich passieren, wähne ich mich fast an einem idyllischen See in Kanada, doch die Realität ist eine andere. Bereits im 16.Jahrhundert wurde der Herzberger Teich als Kunstteich angelegt, um die Versorgung der Wasserräder des Bergwerkes im Rammelsberg sicherzustellen. Mit den hölzernen Rädern wurde die Grube entwässert und das wertvolle Erz gefördert.

Der Herzberger Teich wirkt fast wie ein natürlicher See
Der Herzberger Teich wirkt fast wie ein natürlicher See
Hier geht es hinein in eine faszinierende Welt
Am Eingang des Roder-Stollens

Hinein in eine dunkle Welt

Als wir in der ehemaligen Kaue des Bergwerkes mit Helmen für die Führung ausgestattet wurden, habe ich noch etwas geschmunzelt, als es jedoch schließlich in den Berg hinein geht, bin ich froh einen zu haben. Klong macht das Plastik des Helmes, als ich mich nicht tief genug ducke und gegen die Decke des Stollens stoße. Das hätte ohne Kopfschutz ein ordentliches Hörnchen gegeben. Mit Helm kann ich mich ganz unverletzt auf das konzentrieren, was ich hier zu sehen bekomme. Tatsächlich ist dies etwas Einzigartiges. Überall zweigen Gänge ab, schimmern Mineralien und Salze an den Wänden und faszinieren die Bauleistungen von damals. Ich frage mich, wie es wohl damals gewesen sein mag, als man sich mit den relativ primitiven Mitteln der Zeit Millimeter für Millimeter mühsam in den Berg fraß. Gewaltige Wasserräder versetzen mich ins Staunen. Wie Menschen so etwas unter Tage errichten konnten, ist mir ein Rätsel. Ebenso die Frage nach der Orientierung. Längst kann ich nicht mehr sagen, wo in diesem Labyrinth ich mich befinde. Als für einen kurzen Moment die Beleuchtung ausgeschaltet und eine kleine Grubenlampe von damals entzündet wird, sehe ich kaum noch die Hand vor Augen. Dafür weiß ich jetzt, wie es damals, vor über 200 Jahren, hier unten ausgesehen hat.

Vor über 200 Jahren haben Bergleute diesen Stollen in den Fels getrieben
Vor über 200 Jahren haben Bergleute diesen Stollen in den Fels getrieben
An vielen Stellen schimmern die Wände türkis
An vielen Stellen schimmern die Wände türkis
Während der Führung sind gigantische Wasserräder zu sehen
Während der Führung sind gigantische Wasserräder zu sehen

Fahrt mit dem Schrägaufzug

Rund 75 Minuten hat die Führung unter Tage gedauert. Obwohl ich eigentlich Führungen nie besonders mag, hat mich diese so sehr begeistert, dass ich direkt im Anschluss noch an einer weiteren teilgenommen habe. Diese führte mich mit dem Schrägaufzug einhundert Meter den Berg hinauf und schließlich in die sehenswerte Erzaufbereitungsanlage. Mit 20 Minuten ist diese Führung die kürzeste am Rammelsberg, aber trotzdem eine empfehlenswerte. Vom oberen Ende des Schrägaufzuges, der einst zum Materialtransport am Hang genutzt wurde, bietet sich ein perfekter Überblick über den Rammelsberg und die Umgebung. Gleichzeitig kann man auch sehen, wo einst das Erz aus dem Berg kam.

Der Schrägaufzug führt rund 100 Meter den Berg hinauf
Der Schrägaufzug führt rund 100 Meter den Berg hinauf
Der Blick von oben lohnt sich
Der Blick von oben lohnt sich
Der Schrägaufzug mit der 1905 errichteten Kraftzentrale
Der Schrägaufzug mit der 1905 errichteten Kraftzentrale
Über diesen Schacht kam einst das Erz ans Tageslicht
Über diesen Schacht kam einst das Erz ans Tageslicht

Monströse Maschinen

Nach den Führungen schlendere ich noch etwas über das Gelände. Zu sehen gibt es hier reichlich. In einem kleinen Museum wird die Geschichte des Rammelsberges und des Bergbaus anschaulich dargestellt. Einige alte Grubenbahnen stehen in einem kleinen Bahnhof und ich erhasche einen Blick in die Einfahrt der Bahn in den modernen Teil des Bergwerkes, welcher 1988 als letzter die Förderung einstellte. Viel Zeit verbringe ich vor allem in der Erzaubereitungsanlage, die mit ihren an den Hang gebauten hölzernen Häusern, das Bild des Bergwerkes prägt. Monströse Maschinen sind hier zu sehen. Ich frage mich, wie es damals wohl gewesen sein mag, als diese in Betrieb waren und das Erz aus dem Berg zum hüttenfertigen Produkt verarbeiteten. Ich bin fasziniert und beschließe am Ende des Tages, bald wieder zu Rammelsberg zu kommen und mit den anderen Führungen weitere Teile des Bergwerkes zu erkunden.

Die Einfahrt in den modernen Teil des Bergwerkes
Die Einfahrt in den modernen Teil des Bergwerkes
In einem kleinen Bahnhof stehen alte Grubenbahnen
In einem kleinen Bahnhof stehen alte Grubenbahnen
Ein Sanitätsraum hat die Zeit im Originalzustand überdauert
Ein Sanitätsraum hat die Zeit im Originalzustand überdauert
Auch im Außenbereich finden sich viele interessante Fotomotive
Auch im Außenbereich finden sich viele interessante Fotomotive
Monströse Maschinen sind in der Erzaufbereitung zu finden
Monströse Maschinen sind in der Erzaufbereitung zu finden
[box title=”Infos zum Besuch des Bergwerkes Rammelsberg” icon=”info” icon_style=”border” icon_shape=”circle” align=”justify”]Was kostet der Eintritt?

Über Tage kann man sich am Rammelsberg relativ frei bewegen und das Museum besuchen. Erwachsene zahlen hierfür 9 Euro. Es gibt auch Kombitickets, die zudem Führungen enthalten. Diese Kosten mit einer Führung 16 Euro, mit zwei Führungen 21 Euro und mit drei Führungen 25 Euro. Für den Großteil der Führungen ist keine Anmeldung erforderlich. Weitere Infos bietet die offizielle Homepage unter www.rammelsberg.de.

Wie kommt man hin?

Kommt man mit dem Auto, gibt man die Straße Bergtal 19 in Goslar ins Navi ein. Direkt am Bergwerk finden sich ausreichend kostenlose Parkplätze. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, kann alle halbe Stunde vom Bahnhof Goslar den Stadtbus 803 bis zur Endhaltestelle Bergbaumuseum nehmen.

Wo bekomme ich weitere Infos?

Eine ausgezeichnete Seite mit nahezu unerschöpflichen Infos zum Rammelsberg ist die des Fördervereins Weltkulturerbe Rammelsberg. Auf www.foerderverein-rammelsberg.de finden sich vor allem unter dem Menüpunkt Publikationen viele herausragende Schriften mit sehenswerten Fotos rund um das Bergwerk.[/box]

Thomas Limberg

Ich bin Thomas – das Gesicht hinter Breitengrad66. Schon seit 2010 nehme ich meine Leser in diesem Reiseblog mit auf Reisen. Unterwegs gibt es fast nichts, für das ich mich nicht begeistern kann. Ob fremde Kulturen, sportliche Herausforderungen, einzigartige Natur, schicke Hotels oder außergewöhnliche Kulinarik – ich bin immer neugierig auf Neues. Auf keiner Reise fehlen darf meine Kamera, denn Fotografie ist eine meiner größten Leidenschaften. Besonders stolz bin ich darauf, dass Breitengrad66 bei der renommierten Wahl zum Reiseblog des Jahres 2020 von Touristik PR unter die 20 besten gewählt wurde. Mehr über diesen Blog und über mich gibt es HIER zu lesen.

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