Dieser Artikel wurde zuletzt am 16. Oktober 2020 aktualisiert.
Nikosia – die letzte geteilte Hauptstadt Europas. Wie ist es dort wohl? Welche Sehenswürdigkeiten gibt es? Lohnt sich die Stadt? Was kann man dort machen? Und vor allem, ist es dort sicher? Das sind Fragen, die ich mir vor der Reise in die Hauptstadt Zyperns gestellt habe und die mir andere auch immer wieder gestellt haben. Inzwischen war ich zwei Mal in Nikosia und habe zum Teil überraschende Antworten auf all diese Fragen gefunden und einige Tipps mitgebracht.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Nikosia ist fast so normal, wie jede andere Stadt
- 2 Nikosia Tipp: Alte venezianische Stadtmauer und bunte Streetart
- 3 Sehenswürdigkeiten in Nikosia: Die ganz großen Highlights fehlen
- 4 Leckeres Essen und vielfältige Shoppingmöglichkeiten
- 5 In Nikosia ist doch nicht alles normal
- 6 Nikosia Tipp: Der Shacolas Tower ist ein toller Aussichtspunkt
- 7 Am Grenzübergang in der Ledra Street
- 8 Das Cyprus Museum beherbergte großartige Kunstschätze
- 9 Die Spuren der Teilung Nikosias werden hier besonders deutlich
- 10 Nikosia ist eine Stadt zwischen Tradition und Moderne
- 11 Viele alte Kirchen und Moscheen prägen das Stadtbild Nikosias
- 12 Den Zypernkonflikt zu verstehen fällt schwer
- 13 Verschiedene Bestrebungen führten zum Konflikt
- 14 Nikosia – Eine nur fast normale Stadt
Nikosia ist fast so normal, wie jede andere Stadt
Bei meinem ersten Besuch in Nikosia habe ich gar nichts davon gemerkt, dass ich mich in einer geteilten Stadt befinde. Nikosia ist fast so normal, wie jede andere Stadt auf der Insel. Wir sind damals durch die zum Teil malerischen Gassen geschlendert und haben uns am mediterranen Flair erfreut. Vor den Häusern am Rande der Kopfsteinplaster-Wege geht es beschaulich zu. Blumentöpfe mit bunt blühenden Pflanzen und Kakteen prägen das Bild. Dazu immer wieder Zitrus-Früchte und Palmen. Manchmal könnte man meinen, man wäre in einem Dorf.





Nikosia Tipp: Alte venezianische Stadtmauer und bunte Streetart
Dennoch gibt es hier mehr zu sehen. Da wären z.B. Die alte venezianische Stadtmauer, die im 16. Jahrhundert gebaut wurde und auch heute noch einen imposanten Anblick bietet. Und für alle, die es etwas moderner mögen, die vielen sehenswerten Graffitis, die namhafte Künstler der Streetart-Szene in der ganzen Stadt auf den Hauswänden geschaffen haben. Über diese habe ich HIER bereits etwas geschrieben. Beides sind wirklich sehenswerte Tipps für Nikosia.





Sehenswürdigkeiten in Nikosia: Die ganz großen Highlights fehlen
Die ganz großen Highlights fehlen in Nikosia. Es gibt keinen Eiffelturm und keine Freiheitsstatue und trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen, macht es Spaß sich treiben zu lassen. Einfach mal in einem der vielen Straßencafes sitzen, einen Frapé trinken und das Geschehen in den umliegenden Straßen beobachten, entschleunigt und lässt ein Urlaubsgefühl aufkommen – auch ohne weltberühmte Sehenswürdigkeiten.




Leckeres Essen und vielfältige Shoppingmöglichkeiten
Hinzu kommt natürlich das Essen, das wie überall auf Zypern einfach phänomenal ist. Wer wissen möchte, was man auf der drittgrößten Mittelmeerinsel auf den Teller bekommt, findet HIER in meinem Artikel über die kulinarischen Köstlichkeiten Zyperns Antworten und Tipps. Auch wenn ich den Verlockungen widerstehen konnte – wer shoppen möchte, dürfte in Nikosia ebenfalls richtig sein. Entlang der zentralen Ledra Street, reiht sich ein Geschäft an das Nächste.


In Nikosia ist doch nicht alles normal
An der Ledra Street merkt man dann aber auch, dass in dieser Stadt nicht alles normal ist. Wir passieren einen H&M, kommen vorbei an einem Burger King und stehen nach einer Eisdiele auf der linken Seite plötzlich vor einer Straßensperre. Wir haben die Demarkationslinie erreicht. Hinter ihr beginnt das seit 1974 durch die Türkei besetzte Gebiet.

Nikosia Tipp: Der Shacolas Tower ist ein toller Aussichtspunkt
Wir besuchen den nahe gelegenen 50 Meter hohen Shacolas Tower. Dieser bietet eine Aussichtsplattform, von der man ganz Nikosia und die Umgebung überblicken kann. Wer nach Nikosia kommt, sollte sich diese Aussicht nicht entgehen lassen. Sie reicht auch über das besetze Gebiet bis zu einer Bergflanke im Norden, an dem eine 165 Meter lange aufgemalte Fahne der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern auf den Fels gepinselt ist. Besonders ins Auge fällt von hier oben die nur 100 Meter nördlich der Demarkationslinie gelegene Selimiye-Moschee, die einst eine christliche Kathedrale war und in der bis ins 15. Jahrhundert die zypriotischen Könige gekrönt wurden.





Am Grenzübergang in der Ledra Street
Wenn man wollte, könnte man am Grenzübergang in der Ledra Street problemlos in den nördlichen Teil der Stadt gehen. Ich sehe einen kleinen Container vor mir, in dem griechische Zyprioten die Pässe kontrollieren. Wahrscheinlich sieht es ein paar Meter weiter auf türkischer Seite genau so aus, doch so weit reicht mein Blick nicht. Menschen kommen und gehen. Es scheint so, als wäre es völlig normal die Grenze zu passieren. Ich persönlich will jedoch nicht hinüber.

Das Cyprus Museum beherbergte großartige Kunstschätze
Ich verspüre auch nicht den größten Drang, ins besetzte Gebiet zu gehen, schließlich gibt es auch auf dieser Seite der Demarkationslinie genügend Sehenswertes. Besonders begeistert bin ich vom „Cyprus Museum“. Es ist das größte archäologische Museum auf Zypern und beherbergt ungeheuer sehenswerte antike Kunstschätze aus der über neuntausendjährigen Kulturgeschichte Zyperns.





Die Spuren der Teilung Nikosias werden hier besonders deutlich
Die Spuren der Teilung werden in diesem Teil der Stadt besonders deutlich. Verlassene und verfallene Häuser haben Sandsäcke in den Fenstern, dazwischen sind Schießscharten eingebaut. Auf hohen Zäunen ist Stacheldraht verlegt und während hinter dem Zaun alle paar Meter eine türkische Fahne flattert sind es auf dieser Seite des Zauns die kleinen Weißen Türme der UN, die mir ins Auge fallen. Das Szenario hat auf der einen Seite etwas Bedrohliches, auf der anderen Seite, fühle ich mich trotzdem sehr sicher. Es scheint so, als wäre die Situation in Nikosia nach all den Jahren Alltag geworden. Viele Türme sind gar nicht besetzt. Ich habe zu keiner Zeit das Gefühl unsicher zu sein.



Nikosia ist eine Stadt zwischen Tradition und Moderne
Dass dann und wann die Rufe eines Muezzins von der besetzten Seite hinüber schallen und auch einige Minarette das Bild der Skyline prägen, wirkte erst etwas komisch, dann aber auch wieder völlig normal. Nikosia ist etwas Besonderes. Nikosia ist eine Stadt zwischen Tradition und Moderne. Nicht nur durch die Teilung sind überall Spuren der unterschiedlichsten Kulturen zu finden. Immer wieder stößt man auch auf Großbaustellen. Das Stadtbild verändert sich. Wenn alles fertig ist, soll Nikosia hip und modern sein, habe ich mir sagen lassen.


Viele alte Kirchen und Moscheen prägen das Stadtbild Nikosias
Mit seinem historisch kulturellen Erbe könnte es eine spannende Mischung ergeben. Schon jetzt mag ich diesen Ansatz. Was mir besonders gefällt sind die vielen alten Kirchen und Moscheen im Stadtbild. Sie verströmen ein abendländisches Flair und haben zugleich eine gewisse Symbolkraft. Eine Kirche nimmt sogar eine ganz besondere Rolle ein. Es ist die Heilig-Kreuz-Kirche, die mitten in der von der UN kontrollierten Pufferzone zwischen den beiden Teilen der Stadt liegt und dadurch irgendwie romantisch neutral erscheint.



Den Zypernkonflikt zu verstehen fällt schwer
Immer wieder machte ich mir in Nikosia Gedanken und fragte mich, ob nicht wie einst in Berlin, auch hier einfach die Mauer fallen könnte. Doch während wir Deutschen eine gemeinsame Sprache und eine gemeinsame Kultur haben, scheint es auf Zypern vielschichtiger. Als Außenstehender fällt es schwer, den Konflikt in seiner ganzen Tragweite zu verstehen.

Verschiedene Bestrebungen führten zum Konflikt
Zypern war stets eine Insel mit vielen unterschiedlichen Volksgruppen. In den 50er Jahren träumten viele griechische Zyprioten vom Anschluss der Insel an Griechenland. Gleichzeitig trachteten viele türkische Zyprioten nach einer Teilung. Nachdem die britische Kronkolonie Zypern 1960 in die Unabhängigkeit entließ, brach drei Jahre später ein Bürgerkrieg aus. 1974 putschte das griechische Militärregime gegen den Staatspräsidenten und erhoffte sich dadurch den Anschluss an Griechenland. Als Reaktion darauf landete die türkische Armee auf der Insel und besetze im Norden 37 Prozent der Gesamtfläche Zyperns. 162000 griechische Zyprioten sollen aus ihren Häusern im Norden vertrieben worden sein und rund 30000 türkische Zyprioten sollen ihre Heimat verloren haben. Tausende Menschen kamen ums Leben.

Nikosia – Eine nur fast normale Stadt
Wenn man heute durch Nikosia spaziert und plötzlich vor einer zugemauerten Gasse steht, in einer mit Stacheldraht abgesperrten Straße nicht weiter kommt oder vor dem Niemansland, das zum Teil noch vermint ist auf die Wachtürme der Soldaten schaut, wird man unweigerlich an den Zypern-Konflik erinnert. Für uns als Touristen könnte Nikosia eine ganz normale Stadt sein. Dennoch stimmt es traurig, zu sehen, was hier einst passiert ist und bis heute andauert. Die Wunden der Menschen sind noch längst nicht verheilt. Auch deshalb ist Nikosia eine nur fast normale Stadt – und dennoch ein echter Tipp für jeden Zypern-Besuch.


Ich wurde von der Fremdenverkehrszentrale Zypern nach Nikosia eingeladen
Hi Thomas,
wirklich sehr eindrückliche Bilder aus Zypern insbesondere
aus Nikosia.
Die Absperrmaßnahmen sind wirklich der Hammer, ähnliche Bilder hat mein
Nachbar mir auch gezeigt.
Ansonsten vielen Dank für´s Mitnehmen.
Viele Grüße
Stefan
Hallo Stefan,
freut mich, dass es Dir gefällt :-) Warst Du eigentlich auch mal auf Zypern?
Viele Grüße
Thomas
Hi Thomas,
kenne Zypern nur aus Reiseberichten im Internet, TV, oder aus
Erzählungen meines besagten Nachbars.
Würde mir aber definitiv gefallen.
Viele Grüße
Stefan
das merkt man auch, dass Sie von der CTO eingeladen wurden. Nikosia/Lefkosia/Lefkoşa wirklich zu verstehen, heißt die Demarkationslinie zu überschreiten und unvoreingenommen über GANZ Nikosia zu berichten. Das haben Sie leider versäumt und ich kann mir gut vorstellen, dass die CTO Ihnen bedeutet hat, nicht den Nordteil zu besuchen. Das passt zur restriktiven Haltung der griechisch-zyprischen Regierung…
Danke, dass Sie das schreiben. So viel einseitige Blauäugigkeit und demonstrative Harmlosigkeit ist schon ärgerlich. Ja, wir haben die Möglichkeit, BEIDE Seiten zu sehen und sollten diese auch wahrnehmen. Bei der Volksabstimmung über den sog. Kofi-Annan-Plan hat der Süden mit etwa dreiviertel Mehrheit gegen die darin, zuvor gemeinsam ausgehandelte, Wiedervereinigung gestimmt. Aber wenn heute ein Autor noch immer permanent von dem „besetzten Gebiet“ schreibt und ach so gar keine Lust hat, mal auch in den Norden der Stadt, geschweige denn der Insel zu schauen, zeigt er sehr detulich seine historischen und ideologischen Scheuklappen. Schade!