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Grubenfahrt: Zu Besuch an Deutschlands tiefsten Punkten

Dieser Artikel wurde zuletzt am 7. Juli 2019 aktualisiert.

Geschichte begeistert mich. Wenn ich in Rom im Kolosseum stehe, frage ich mich unweigerlich, wie es damals wohl gewesen ist, als sich hier die Gladiatoren bekämpften. Auch bei uns vor der Haustür geht es mir oft ähnlich. Das beste Beispiel sind die alten Zechen im Ruhrgebiet. Wie kaum etwas anderes stehen diese stellvertretend für die Industrialisierung in Deutschland und einen ganz bedeutenden Teil deutscher Geschichte. Während ich an Orten wie Rom manchmal etwas traurig bin, dass ich die bewegte Geschichte von damals nicht mit eigenen Augen sehen konnte, ist es in Deutschland gerade noch möglich Geschichte zu erleben, die über Jahrhunderte einen Großteil des Landes geprägt hat. Die Rede ist vom Steinkohlebergbau, der seinen Anfang im Mittelalter nahm und Ende 2018 endgültig Geschichte sein wird. Von einst hunderten Steinkohlebergwerken sind noch zwei geblieben. Kurz bevor auch diese schließen hat sich für mich ein Traum erfüllt und ich durfte in beiden – auf den letzten Drücker – Geschichte live erleben.

Grubenfahrt auf der Zeche Ibbenbüren

Der tiefste Schacht in Europa

Eines der Bergwerke ist die Zeche Anthrazit in Ibbenbüren. Im vergangenen Herbst durfte ich hier erstmals unter Tage und im Nordschacht, der mit einer Tiefe von 1545 Metern, der tiefste Schacht Europas ist, in die Tiefe fahren. Ein Erlebnis, das ziemlich außergewöhnlich ist und das mich sofort gefesselt hat. Ich habe zwar, schon einige stillgelegte Zechen besucht, die zum Museum umgebaut wurden, doch als ich in Ibbenbüren ankam, war alles anders. Hier herrschte noch Leben. Gerade war Schichtwechsel und aus dem Tor kamen Bergmänner. Einige grüßten mit einem fröhlichen “Glückauf”. Ich fühlte mich sofort mittendrin in der Geschichte des Bergbaus.

Kleine Tour über das Zechengelände

Unsere Besuchergruppe bekam zunächst einen Vortrag über die Geschichte der Zeche und eine kleine Tour über das Gelände. Wir sahen, wie diese in der Schaltzentrale gesteuert wird, wie von über Tage die gewaltigen Maschinen tief unter der Erde bewegt werden und konnten auf Monitoren schon sehen, was uns unten erwarten würde. Die Vorfreude stieg gewaltig an, als wir in die sogenannte Kaue kamen – jenen Ort, an dem sich die Bergmänner umziehen. Den Ort, wo sie ihre Straßenkleidung gegen die Kluft für unter Tage eintauschen.

Bergwerk Zeche Ibbenbüren

Auch die Unterhose muss gewechselt werden

Auch ich muss, oder besser gesagt darf, mich komplett umziehen. Sogar die Unterhose wird gestellt. Kein Kleidungsstück darf sich statisch aufladen. Das Schlimmste was unter Tage passieren könnte, ist eine Explosion. Deshalb darf auch nichts anderes mit nach unten. Was mir gestellt wird, ist einiges. Ein Hemd, Socken, der Grubenanzug, Sicherheitsschuhe, Schienbeinschoner, ein Gürtel, Handschuhe, Sicherheitsbrille, eine Lampe, einen Helm und einen sogenannten Filterselbstretter. Mit diesem könnte ich, sollte es zu einem Unglück kommen, unter Tage auch bei einer giftigen Gaskonzentration weiter atmen. Als ich komplett eingekleidet bin, fühle ich mich fast als ginge es gleich auf die erste bemannte Marsexpedition. Doch es ist Realität und ich bin jetzt für eine kurze Zeit ein Bergmann.

Ich spüre die Kameradschaft der Kumpels

Mit einem Bus werden wir zum Nordschacht gefahren. Der Bergmann, der uns begleitet berichtet unterdessen vom Zusammenhalt der Kumpels und von der besonderen Arbeitsatmosphäre unter Tage. Immer wieder klingt dabei Wehmut mit, dass damit bald Schluss ist. Dass es nie wieder die Möglichkeit geben wird, so tief unter der Erde zu arbeiten. Etwas von diesem Zusammenhalt spüre ich selbst, als wir am Schacht ankommen. Die Bergmänner, die dort arbeiten grüßen erneut mit einem fröhlichen Glückauf. Mir kommt es vor, als würde man für einen Augenblick einfach dazu gehören. Wer mit nach unten fährt, ist für einen Bergmann offenbar tatsächlich ein Teil dieser Gemeinschaft. Man passt gegenseitig auf sich auf. Mir gefällt dieses Gefühl.

Hinweis zu den folgenden Fotos
Unter Tage sind leider keinerlei elektrischen Geräte erlaubt. Entsprechend durfte ich natürlich auch meine Kamera nicht mitnehmen. Um diesen Artikel trotzdem zu bebildern, zeige ich nachfolgend einige Fotos, die ich im Deutschen Bergbaumuseum in Bochum gemacht habe. Dort sieht die Szenerie zum Teil vergleichbar aus. Auf YouTube gibt es ein Video, das zeigt, wie es unter Tage in Ibbenbüren tatsächlich aussieht. Es ist hier zu finden: https://www.youtube.com/watch?v=Vnk7fz4zDW0
Das Deutsche Bergbau-Museum in Bochum
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Grubenfahrt – Mit 8 Metern pro Sekunde in die Tiefe

Mit einem entsprechend guten Gefühl steige ich in den Förderkorb ein. Theoretisch nichts anderes als eine Art Fahrstuhl in die Tiefe. Die sogenannte Seilfahrt ist etwas, auf das ich mich lange gefreut habe. Wie würde es wohl sein, mit 8 Metern pro Sekunde in die Tiefe zu rauschen? Tatsächlich habe ich die Fahrt als sehr aufregend empfunden. Zum einen deutlich länger als eine Fahrt im Fahrstuhl und zum anderen gar nicht so rumpelig wie erwartet. Ich merke deutlich einen Luftzug, wenn ich mit meiner Lampe an die Wände leuchte, sehe ich, wie schnell wir in die Tiefe rauschen. Zwischendurch, für den Bruchteil einer Sekunde, sehe ich hell erleuchtete Gänge. Doch wir fahren tiefer und rauschen daran vorbei.  Nach zwei Minuten bremst der Korb. Wir sind auf der 5. Sohle – 1417 Meter unter der Erde. Unter uns liegt nur noch eine “Etage” – die 6. Sohle. Mit 1545 zugleich der tiefste Punkt, der in Deutschland zu erreichen ist.

Erste Eindrücke unter Tage

Begeistert steige ich aus dem Korb. Kein Mensch ist zu sehen. dafür Unmengen von Leitungen, Rohren, Förderbändern und Treppen. An der Decke schwebt die „Akkukatze“, eine Einschienenbahn, die Material hin und her transportiert. Irgendwie ist hier fast alles so, wie ich es mir vorgestellt habe und wie ich es als Nachbau bereits im Deutschen Bergbaumuseum in Bochum gesehen habe. Doch gleichzeitig wirkt auch alles viel gewaltiger und hinzu kommt das unvorstellbare Gefühl, so tief unter der Erde zu sein. In dieser Tiefe ist es warm. Konstant rund 26 Grad. Schnell beginne ich zu schwitzen.   

Bergbaumuseum Bochum

Es ist hier unten nicht wie in einem Museum

Wir wandern langsam durch die Gänge. Fahren würde der Bergmann sagen, doch ich spüre deutlich, was es heißt, hier unten unterwegs zu sein. Anders als im Museum geht es rauf und runter. Fast wie in den Alpen. Während wir unterwegs sind, verliere ich jegliches Zeitgefühl. Wir bekommen erklärt, wie man uns im Notfall hier unten retten könnte, was passiert, wenn es zu einer Explosion unter Tage kommt und wie die Belüftung so tief unter der Erde funktioniert. Dass sie funktioniert, merke ich, als wir eine Tür öffnen, die als Schleuse in einem Gang eingebaut wurde. Mir kommt ein solcher Luftzug entgegen, dass mir fast der Helm vom Kopf geweht wäre.

Pause mit Schnupftabak

Wir machen Pause. Setzen uns auf Bänke. Ich bin überrascht, dass es diese hier gibt, aber natürlich braucht auch der Bergmann mal eine Pause. Was es bei solch einer Pause traditionell gibt ist Schnupftabak. Wir bekommen welchen zum Probieren. Ich bin zunächst skeptisch, finde dann aber doch Gefallen daran. Irgendwie gehört es ja dazu. Genauso, wie das, was vor uns liegt. Der Streb.

Bergbaumuseum Bochum

Im Herzstück der Zeche

Der Streb ist jener Teil eines Flözes, in dem die Kohle abgebaut wird. Wenn man so will das Herzstück. Obwohl mir tierisch warm ist, bekomme ich Gänsehaut. Der Streb wird von einer gewaltigen Maschine gestützt. Auf dem sogenannten Schild lastet der gesamte Druck des Gebirges über uns. Auf ihm fährt ein Hobel auf und ab und bricht die Kohle aus dem Flöz. Anschließend fährt das Schild weiter nach vorne, frisst sich weiter in Richtung Kohle und hinter dem Schild bricht das Gebirge zusammen. Unvorstellbare Kräfte wüten hier. Momentan wird nicht abgebaut und wir können auf allen Vieren hinein in den Flöz kriechen – oder besser gesagt fahren, wie der Bergmann jede Art der Fortbewegung unter Tage nennt.   

Kohlehobel Deutsches Bergbaumuseum Bochum

Ein ganz besonderer Moment

Ich habe riesigen Respekt. Kann es kaum glauben, was ich hier gerade tue. Es ist eng. Gegenüber an der Wand glitzert es. Dort ist sie, die Kohle. Für mich ist es ein ganz besonderer Moment. Ich weiß, dass ich hier gerade mit eigenen Augen ein Stück deutscher Geschichte sehe, das ich danach nie wieder sehen kann. Einige Minuten liege ich einfach nur dort zwischen den unvorstellbaren Gesteinsmassen und genieße es hier zu sein. Ich leuchte mit meiner Lampe in jeden Winkel und versuche die Bilder im Kopf abzuspeichern. Millionen von Jahren lag die Kohle hier verborgen, jetzt kommt sie ans Licht. Ich kann nicht anders, als mir einige Stücke als Souvenir in die Tasche zu stecken und mit nach oben zu nehmen.

Wir fahren auf den Förderbändern

Doch bevor wir wieder ans Tageslicht kommen, wartet noch ein ganz besonderes Highlight auf uns. Unter Tage wird nicht nur die Kohle auf Förderbändern transportiert, auch der Bergmann nutzt diese Bänder, um sich lange Wege zu Fuß zu sparen. Jetzt dürfen wir auf den Bändern fahren. Während der Profi im Stehen über die Bänder saust, legen wir uns auf den Bauch und jagen in Richtung Schacht. Das Erlebnis ist schon sehr speziell und macht ungeheuer Spaß.

Im Gesicht ist der Staub der Kohle zu sehen

Leider endet dann schon unsere Grubenfahrt. Ich steige wieder in den Förderkorb, schaue mich ein letztes Mal um, versuche alle Details, die ich sehe abzuspeichern. Deutlich rumpelnder als auf dem Weg nach unten geht es jetzt wieder nach oben. Das liegt an der Fahrt gegen die einströmende Luft. Allmählich wird es auch kälter. Desto weiter wir nach oben kommen, desto mehr spüren wir die abendliche Frische des Herbstes. Tatsächlich ist es schon dunkel. Dass ich fast vier Stunden unterwegs war, merke ich erst als, ich mich in der Kaue wieder umziehe. Ich wasche mir den Kohlestaub aus dem Gesicht und bin glücklich, dass ich diese faszinierende Parallelwelt tief im Untergrund sehen durfte. Was mir jetzt noch zu meinem Glück fehlte, war eine Grubenfahrt im Herzen des deutschen Steinkohlebergbaus – im Ruhrgebiet.

Das letzte aktive Bergwerk im Ruhrgebiet

Von den einst knapp 300 zeitgleich aktiven Zechen im Ruhrgebiet ist heute – und das auch nur noch bis zum Jahresende – lediglich noch eine aktiv. Es ist das Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop. Ich war mehr als happy, als ich erfuhr, dass ich im Rahmen der Extraschicht tatsächlich auch hier noch einmal das Glück haben sollte einfahren zu können.

Zeche Bergwerk Prosper Haniel im Ruhrgebiet

Nach anfänglicher Enttäuschung auch hier ein echtes Glücksgefühl

Leider war die Tour im “Pott” überhaupt kein Vergleich zu jener in Ibbenbüren. Rund 900 Leute wurden an diesem Tag unter Tage geschleust. Für jeden gab es einen Helm und eine Schutzbrille. Mehr nicht. Damit ging es unter Tage und damit durfte sich leider nur in unmittelbarer Schachtnähe aufgehalten werden. Vom Flöz waren wir weit entfernt. Ich war anfangs etwas enttäuscht, hier nicht auch mehr sehen zu können. Dennoch stellte sich abermals schnell ein Glücksgefühl ein. Ich begann zu realisieren, dass ich – auch wenn ich nicht viel sehen konnte – tatsächlich in die letzten beiden verbliebenen Bergwerke einfahren durfte. Die Zeit reichte immerhin für einen kurzen Plausch mit einem Bergmann unter Tage. Er erzählte mir, dass es schon komisch sei, dass in den letzten Tagen und Wochen immer wieder ein Kumpel seinen Abschied gefeiert hat und dass es hier bald endgültig vorbei ist. 

Schacht 10 Zeche Bergwerk Prosper Haniel in Bottrop im Ruhrgebiet

Bergwerk Prosper Haniel Schacht 10

Lampenstube Bergwerk Prosper Haniel

Schacht 10 Bergwerk Prosper haniel

Es leben Tiere unter Tage

Während wir dem Schacht entgegen fahren frage ich ihn noch, ob das, was ich hier leise höre das ist, was mir schon in Ibbenbüren aufgefallen ist. Es ist ganz schwach ein Gezirpe, wie an einem schönen Sommerabend wahrnehmbar. Er bestätigt, es sind tatsächlich Grillen, die sich auch unter Tage sehr wohl fühlen. Außerdem, so verrät er, soll es hier unten auch Mäuse und Ratten geben. Ich sehe keine, bin aber trotzdem irgendwie überrascht und fasziniert zugleich. Entsprechend beeindruckt steige ich in den Förderkorb, der uns wieder ans Tageslicht bringt. Ich genieße diese zwei Minuten. Ich bin zugleich glücklich und traurig. Ganz intensiv wird mir hier bewusst, dass ich das Glück hatte, noch einmal diesen Teil der deutschen Geschichte, deren Untergang besiegelt ist, live zu erleben und dass es diese Möglichkeit nie mehr wieder geben wird.

Übrigens waren auch andere Blogger im Rahmen der Extraschicht unter Tage. www.fernwehundso.dewww.wahlheimat.ruhr und www.teilzeitreisender.de haben in ihren Blogs darüber berichtet. Schaut doch mal vorbei!

Thomas Limberg

Ich bin Thomas – das Gesicht hinter Breitengrad66. Schon seit 2010 nehme ich meine Leser in diesem Reiseblog mit auf Reisen. Unterwegs gibt es fast nichts, für das ich mich nicht begeistern kann. Ob fremde Kulturen, sportliche Herausforderungen, einzigartige Natur, schicke Hotels oder außergewöhnliche Kulinarik – ich bin immer neugierig auf Neues. Auf keiner Reise fehlen darf meine Kamera, denn Fotografie ist eine meiner größten Leidenschaften. Besonders stolz bin ich darauf, dass Breitengrad66 bei der renommierten Wahl zum Reiseblog des Jahres 2020 von Touristik PR unter die 20 besten gewählt wurde. Mehr über diesen Blog und über mich gibt es HIER zu lesen.

17 Kommentare

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  • Moin Thomas,

    wieder ein schöner Bericht aus Deutschland und dessen Geschichte! Deutschland hat eben viel zu bieten, sage ich immer! Und unter Tage kommt man ja nicht alle Tage. Zum Glück gibt es auch noch die Schaubergwerke. Danke für die Bilder!

    Beste Grüsse
    Torsten

    • Moin Torsten,
      danke! Das freut mich :-) Schaubergwerke sind in der Tat auch sehr spannend. Vor allem im Ruhrgebiet gibt es ja das ein oder andere ehemalige Bergwerk, das heute ein Museum ist. Darüber werde ich demnächst auch noch mal was schreiben.
      Viele Grüße
      Thomas

      • Hallo Thomas,
        ich habe gerade Deinen Bericht gelesen und kann nur sagen…DANKESCHÖN.
        Du hast alles so perfekt und richtig geschildert.
        Ich war selber von 1988 bis zur Verfüllung 2020 auf dem Nordschacht tätig .
        Ein toller Beitrag von Dir, der mich gerade wieder wirklich hat eintauchen lassen in das Leben eines Bergmannes.
        Ein herzliches Glückauf .
        Peter

  • Moin

    Könnte man die stillgelegten Zechen, nicht noch für die Energiespeicherung nutzen, wie ein Pumpspeicherkraftwerk?

    Die Idee scheint trivial, doch man muss darauf kommen: Betonblöcke am Seil per Kran hochziehen, mit erneuerbarer Energie, und dann bei Bedarf wieder herunterlassen, um Strom zu erzeugen. Das Tessiner Startup Energy Vault hat sich diese revolutionäre Weise der Energiespeicherung ausgedacht. Investoren und Kunden aus der ganzen Welt interessieren sich für die Technik.

    Siehe Tessiner Beispiel:
    https://www.swissinfo.ch/ger/wirtschaft/tessiner-startup-energy-vault_revolutionaere-methode-zur-speicherung-erneuerbarer-energie/45396114

    Beste Grüsse
    Jörg

  • Witam wszystkich. Pracowałem na Kopalni w Ibbenbueren w latach 1993-1995, jako pracownik firmy Kopex-Polska. Bardzo pomocne doświadczenia w pracy górniczej, wspaniali ludzie, doskonała atmosfera w jakże ciężkiej i odpowiedzialnej pracy. Bardzo mile wspominam całą załogę, życzę wszystkim Szczęścia Górniczego!

    • Mausegatt liegt zwar tatsächlich sehr tief in Bergkamen. Als ich 1991 das letzte Mal dort gearbeitet habe, lag das Abbaugeschehen bei etwa 1500 Metern unter der Rasenbank.

      Mag sein, dass man im weiteren Verlauf noch tiefer gekommen ist. Auf jeden Fall führte nicht ein Tagesschacht dort hin sondern es war eine Kombination von Tagesschacht (knapp 1000 Meter) und einem, sich unter Tage im Anschluss befindlichen, Förderberg von (wenn ich mich richtig erinnere) 2500 Metern Länge, mit dem weitere etwa 300 Höhenmeter überwunden wurden.

      Die restlichen Höhenmeter im weiteren Verlauf durch normale Gefällestrecken. Wie gesagt, die Zahlen entspringen der Erinnerung. In jedem Fall ist es so, dass zwischen den Begriffen „Schacht“ und „Teufe“, also tatsächlich erreichter Tiefe, unterschieden werden muss.

      Der damals tiefste Tagesschacht, also ein Schacht der senkrecht von über Tage nach unter Tage zu der genannten Tiefe führt, war wohl „Kurl 3“ in Dortmund Lanstrop (oder ist das Lünen Niederaden?) direkt neben der A2. Dort ging es 1200 Meter direkt runter.

      An einigen Stellen gab es noch sogenannte „Blindschächte“ die von unter Tage nach unter Tage führten. Also zum Beispiel von der 5. Sohle hinab bis zur 7. Sohle. Diese Blindschächte hatten die gleiche Funktion wie die Förderberge mit ihren Schrägaufzügen, die meist als Standseilbahn auf Gleisen wie sie bei der deutschen Bahn genutzt werden, mit Gegengewicht den untertägigen Berg herunter und wieder herauf fuhren. Übrigens nutzten sowohl der Fahrkorb als auch das Gegengewicht dabei das selbe Gleis! Wie das funktioniert hat, weis ich zwar noch, überlasse es aber dem interessierten Leser gerne zur weiteren Recherche.

      Material wie Kohle und leider wertloses aber eben auch anfallendes Gestein, wurden jedoch über schwere Förderbänder mit 6.000-Volt-Elektromotoren, den Berg herauf gefahren und über weitere Bänder zu den Bunkern am Tagesschacht und von dort mit großen Skipgefäßen in denen 40 Tonnen Material innerhalb von etwa 2 Minuten und mit einer Spitzengeschwindigkeit von 20 Metern pro Sekunde, also 72 Km/h, zu Tage befördert und innerhalb von etwa 1 Minute be-/entladen. Das Ganze im Pendelbetrieb.

      Ich gäbe viel Geld, wenn ich nochmal runter dürfte aber dies ist eine der Dinge, die man wohl nicht mit Geld kaufen kann. Glück auf!

    • Ich glaube der tiefste Schacht ist(war) der Nordschacht des Bergwerkes Ensdorf (Grube Saar).
      Die letzte Schachtbeschickung dort auf der 24.Sohle hat meine Firma geliefert und montiert
      (Mechanischer und hydraulischer Teil) . Ich meine die Teufe lag bei ca.1900m. ist leider schon
      lange her.

    • Lieber Wehner,

      die Welt hat tatsächlich wichtigere Probleme aber dennoch: du hast den Unterschied zwischen “Schacht”, “Tagesschacht”, “Blindschacht” und der auf einer Schachtanlage erreichten Teufe offenbar nicht zur Kenntnis genommen.

      Wenn im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch vom tiefsten Schacht oder überhaupt dem Begriff “Schacht” gesprochen wird, dann ist wohl stets das Loch in der Erde gemeint, welches von Übertage nach Untertage führt.

      Hierbei glänzt der Schacht 371 mit einer Endteufe von 1.090,60 m, was eher Mittelmaß entspricht. Tatsächlich wurde die auf der zugehörigen Schachtanlage in der Tat eine Teufe (Tiefe unter der Oberfläche, die hier auch schon auf einer Höhe von 355 Meter über dem Meeresspiegel liegt) von 1800 Meter erreicht. Dazu waren aber Förderberge und/oder Blindschächte erforderlich.

      Glück Auf