Dieser Artikel wurde zuletzt am 13. Juli 2019 aktualisiert.
Nach meiner Kanutour durch die kanadischen Northwest Territories (zu meinem Buch über die Tour*) war ich so begeistert, von den dortigen Moschusochsen, dass ich unbedingt auch die letzten europäischen Exemplare dieser faszinierenden Tierart sehen wollte. Diese leben auf unserem Kontinent nur noch im norwegischen Dovrefjell – einer Hochebene rund 300 km nördlich von Oslo. Also machte ich mich mit drei Mitreisenden auf den Weg nach Skandinavien und hoffte, dort welche zu sichten.
Mit jeweils rund 25 kg Gepäck auf dem Rücken reisten wir per Schiff an. Mit der Color Line ging es von Kiel nach Oslo. Schon in der Kieler Förde gab es viel zu sehen. Die Schleuse am Ende des Nord-Ostsee-Kanals oder das U-Boot U47 in Laboe.
Auf hoher See wurden wir mit einem atemberaubenden Sonnengang belohnt. Ein besonderes Schauspiel war die Durchfahrt unter der 18 km langen Belt-Brücke, die Ost- und Westdänemark verbindet. Direkt hinter ihr begegneten wir dem russischen Segelschulschiff Krusenstern.
Am Abend erkundeten wir etwas das Innere des Schiffes (ältere Fotos davon sind auch in meinem Beitrag “Minikreuzfahrt von Kiel nach Oslo” zu sehen), bevor wir es uns in einer 4-Bett-Innenkabine gemütlich machten und uns auf den nächsten Tag freuten. Dieser begann sehr früh, da wir pünktlich zur Einfahrt in den Oslofjord an Deck sein wollten.
Dies stellte sich als gute Entscheidung heraus, da wir mit einem Bilderbuchwetter und traumhaften Farben belohnt wurden.
Allerdings hatte das schöne Wetter auch seine Schattenseiten. Durch die hohen Temperaturen wurde der Weg vom Fähranleger zum Bahnhof, mit all dem Gepäck, zur schweißtreibenden Angelegenheit. Zum Glück konnten wir uns im klimatisierten Zug, der uns aus der norwegischen Hauptstadt ins Dovrefjell brachte, ausruhen.
Am kleinen Bahnhof Kongsvoll, unserer Endstation, dann die erste Überraschung: Es war, hier auf etwas über 800 Metern, ziemlich kalt. Wir beeilten uns, mit der Wanderung zu beginnen. Schließlich war es schon Abend und wir mussten, bevor wir die Hochebene, auf der wir zelten konnten, erreichten, erst einen steilen und bewaldeten Berghang überwinden. Da sich der Anstieg schwieriger als gedacht gestaltete, war es schon fast Nacht, bis wir unsere Zelte aufschlagen konnten. Nach einer eisigen Nacht, bekamen wir am nächsten Morgen das, wofür wir hergekommen waren: einen Moschusochsen. Ich erblickte ihn direkt nach dem Aufstehen unweit vom Zelt an einem kleinen Hang.
Bevor wir weiter zogen, wurde der Moschusochse hundertfach auf den Speicherchip meiner Kamera gebannt. Das nächste Camp wurde an einem Fluss errichtet, da wir dringend unsere Wasservorräte zum Trinken und Kochen auffüllen mussten.
Wir blieben zwei Nächte dort und erkundeten ohne Gepäck die Umgebung. Dabei stießen wir erneut auf einen Moschusochsen, was meine Laune schlagartig anstiegen ließ. Ich verfolgte ihn ein Stück, um ihn gut fotografieren zu können, bis er plötzlich drehte und jetzt uns verfolgte. Über eine Stunde waren wir anschließend vor ihm auf der Flucht. Zwar liebe ich diese Tiere, doch im Dovrefjell waren sie, anders als in Kanada, nicht scheu sondern eher aufdringlich. Ich bin mir sicher, dass keiner von ihnen uns etwas getan hätte, doch bei ihren bulligen Aussehen, geht man ihnen lieber aus den Weg, wenn sie auf einen zukommen.
Auch am nächsten Tag, an dem wir abermals ohne Gepäck die Gegend erkundeten, stießen wir auf Unmengen aufdringlicher Ochsen. Eine Herde von 11 Tieren kreisten uns irgendwann ein und wir flohen vorsichtshalber auf das Dach einer nahen Wanderhütte.
Dort saßen wir anschließend mehrere Stunden, eingekreist von den Tieren, fest, hatten dafür aber eine perfekte Position, um die Moschusochsen aus der Nähe beobachten zu können.
Nach Stunden des Wartens und Beobachtens, schafften wir es schließlich ins Camp zurück. Von dort führte uns am nächsten Tag der Weg weiter ins Dovrefjell hinein.
Nach einem anstrengenden Wandertag, bezogen wir unser Quartier zu Fuße des Berges Snöhetta an einem malerischen See. Hier wurde sofort die Angelrute ins Wasser gehalten und wir hatten Glück. Zum Abendessen gab es eine leckere Forelle.
Auch an diesem Platz blieben wir zwei Nächte. So konnten wir am nächsten Tag ohne Gepäck einen Ausflug zum Snöhetta unternehmen. Bis zum Gipfel schafften wir es zwar nicht, dafür entschädigten aber der Blick auf die umliegende Landschaft und ein Besuch an der Wanderhütte Reinheim.
Nachdem wir am Abend ins Camp zurückgekehrt waren, kamen uns erneut zwei Moschusochsen recht nahe. Glücklicherweise beachteten diese uns nicht weiter und zogen irgendwann davon.
Für uns ging es dann bald auf den Rückweg. Am nächsten Morgen wanderten wir zu dem Platz am Fluss, an dem wir bereits zu Beginn der Tour geschlafen hatten. Das sich dies als ausgesprochener Glücksfall herausstellte, merkten wir, als dort am Abend eine Rentierherde vorbeizog.
Nach diesem Schauspiel und einer folgenden eisigen Nacht, begann der nächste Morgen mit einem Schock. Mehrere Ochsen hielten direkt auf unsere Zelte zu. Laut grunzend und miteinander kämpfend, wirkten sie irgendwie bedrohlich. Als sie bis auf ca. 50 Meter herangekommen waren und uns nur noch ein Hügel von ihnen trennte, wagten wir es kaum zu atmen. Ganz leise bauten wir die Zelte ab und verschwanden dann so schnell wie möglich. Wir wollten heute noch den Bahnhof Kongsvoll erreichen und dann dort die letzten beiden Nächte verbringen. Zum einen hatte niemand Lust, erneut sein Zelt aufzubauen, zum anderen hatten wir langsam genug von den aufdringlichen Ochsen.
Wir hatten eine Fahrkarte für einen Zug, der erst zwei Tage später kam. So hatten wir am Bahnhof allerhand Zeit, um unsere restlichen Essensvorräte zu vertilgen, erneut zu angeln und etwas zu faulenzen. Wir freuten uns, dass der Warteraum, in dem wir schliefen beheizt war und wir Nachts nicht mehr froren.
Schneller als gedacht, verging die Zeit in Kongsvoll. Der Zug nach Oslo kam fast pünktlich und wir konnten auf der Fahrt noch etwas entspannen, bevor wir Oslo erkundeten.
Als wir beim kleinen Stadtrundgang im Hafen ankamen, neigte sich der Tag dem Ende zu. Wir wurden mit einem zauberhaften Sonnenuntergang belohnt, den ich in dieser Form nur ganz selten zuvor erlebt habe.
Wir konnten kaum genug von der phantastischen Abendstimmung bekommen. Doch irgendwann mussten wir ins Bett, schließlich stand uns am nächsten Tag die Rückfahrt mit der Color Line bevor. Auch dabei waren wir mit grandiosem Wetter gesegnet.
Nach einer kurzen Nacht, wartete erneut die Passage der Brücke über den großen Belt auf uns. Danach schien während der gesamten Vorbeifahrt an Dänemark die Sonne. Erst als wir Kurs auf Kiel nahmen und dort von einigen Möwen begrüßt wurden, verschlechterte sich das Wetter.
Insgesamt wanderten wir rund 40 Kilometer durch das Dovrefjell. Unsere Route haben wir dort per GPS aufgezeichnet:
Auch ein kleines Video der gesamten Tour haben wir produziert:
httpv://www.youtube.com/watch?v=w269PcSc1KU&feature=youtu.be
Das klingt enorm nachahmenswert…
Wow!!! Was für eine coole Tour! Die Moschusochsen hatten wir auch schon auf dem Schirm und hatten schon überlegt, dieses Jahr auf unserem Weg hoch nach Senja mal durch Südnorwegen anstatt durch Lappland zu fahren, aber da wir unbedingt noch mal etwas mehr Zeit auf den Lofoten verbringen möchten, wird das zeitlich alles etwas knapp- für Mehrtages-Trekking-Touren ist Skar außerdem mittlerweile leider nicht mehr fit genug… Aber wenn es eines Tages so weit ist, wissen wir ja jetzt, wo wir Infos herbekommen können! :-) LG und schönes Wochenende, Andy, Mir und Skar
Klingt nicht nur nachahmenswert, sondern ist es auch!
Wir waren Ende Juni ebenfalls mehrere Tage im Dovrefjell wandern. Unsere Route verlief etwas anders, sodass wir noch das sehenswerte Fokstumyra Naturreservat durchwandern konnten.
Die Stille im Dovrefjell ist wirklich Balsam für die Seele und obendrein konnten auch wir Moschusochsen, Rentiere und jede Menge Vögel beobachten! :)
Unbedingt zu empfehlen!
LG
Kristin
Ihr seht ja fürchterlich bepackt aus. Wir hatten deutlich weniger auf dem Buckel und sind damals nicht von der Reinheim-Hütte zur Snohetta hinauf, sondern quer durch das Dovrefjell hindurch. Die Landschaft ändert sich dabei ziemlich abrupt und bisweilen wird’s doch arg steinig. Mehr dazu unter https://happyhiker.de/dovrefjell-norwegen-wandern/
Ja, das mit dem Gepäck stimmt leider. Heute würde ich das auch etwas anders machen…
[…] geht. In den vergangenen Jahren war ich bereits von Kiel nach Oslo (Berichte dazu u.a. HIER und HIER) einen Teil dieser Strecke gefahren und absolut begeistert. Klar, dass ich unbedingt den Minitrip […]
[…] überfliegen. Trotz Schneedecke erkenne ich unter mir die Orte wieder, die ich bei meiner „Trekkingtour unter Moschusochsen“ besucht habe. Der Schnee wird weiter nördlich immer mehr. Stellenweise erinnern mich die sanft […]
[…] dazu übergegangen, nicht unbedingt nur die gleiche Szene wie auf dem Foto darzustellen. Nach einer Trekkingtour durch Norwegen verwendete ich z.B. ein Bild von meinen Mitreisenden und mir und baute den typischen Ablauf eines […]
[…] wenn ich irgendwo unterwegs auf Wildlife stoße. Sei es ein Nashorn im Dschungel Nepals, ein Moschusochse in Norwegen oder auch nur eine kleine Echse am Mittelmeer. Für einen Moment vergesse ich dann alles um mich […]
Hey!
Nach deiner Erzählung von der Tour musste ich mir den Bericht samt Fotos unbedingt noch mal zu Gemüte führen. Wirklich grandiose Bilder! Und die Szene mit eurer Flucht aufs Dach finde ich nach wie vor unschlagbar :-) Da ich ja nur die Snohetta kenne, werde ich sicherlich irgendwann noch mal wieder kommen. Den Gipfel musst du übrigens auch unbedingt nachholen! Aber unbedingt mit ausreichend Wasservorräten, ich spreche da aus Erfahrung :-D
http://ausreisserin.de/laender/norwegen/snohetta-dovrefjell-tageswanderung/
Liebe Grüße, Nicole
Hallo Nicole,
dankeschön! :-) Der fehlende Gipfel wurmt mich noch immer etwas. Als ich im Frühjahr auf dem Weg nach Trondheim drüber geflogen bin, habe ich mir fest vorgenommen, irgendwann dort einen neuen Anlauf zu starten.
Deinen Artikel muss ich mir in den nächsten Tagen auf jeden Fall auch mal in Ruhe anschauen. Habe eben nur im Schnelldurchlauf einen Blick auf die Fotos geworfen. Die sehen super aus!
Liebe Grüße
Thomas
Hi, ganz nett. Aber sehr schade, dass nur 13 min. des Videos dem Dovrefjell gewidmet waren.
Hatte euer Zug eine 2-tägige Verspätung? Wir hätten die Wartezeit lieber noch gezeltet.
VG Lara
Was für en Abenteuer. Wie schön dass Ihr Moschusochsen gesehen habt. Wir haben im letzten Jahr im Polarpark in Nordnorwegen welche ganz aus der Nähe erlebt. Ich war aber sehr froh, dass ein stabiler Zaun zwischen uns war. Die sind wirklich sehr groß. LG Katja
Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Man bekommt bei den Tieren schon gehörig Respekt. Ich drücke die Daumen, dass ihr vielleicht auch mal welche ohne Zaun seht.
Liebe Grüße
Thomas
Die Moschusochsen sind ja wirklich riesig… Da hätte ich glaube ich auch lieber die Flucht ergriffen.. :-D Eindrückliche Bilder, die Wanderung macht richtig Lust auf so ein mehrtägiges Outdoor-Erlebnis…
Vielen Dank für’s Teilen und liebe Grüsse aus Zürich,
Manu
Hallo Manu,
die Wanderung dort war wirklich unvergesslich – auch wenn ich vor den Moschusochsen zwischenzeitlich deutlich Respekt hatte ;-)
Für mich ist es insgesamt sicher eines der schönsten Outdoor-Abenteuer, das man in Europa erleben kann.
Liebe Grüße
Thomas
Sehr schicker Bericht! Und Ihr hattet ja richtig Glück mit den Ochsen. Wir waren damals nur einen Tag da und irgendwann kurz vor dem Hügel, auf dem die Ochsen stehen sollten, fing es an zu hageln und zu schütten, wie ich es selten erlebt habe. Daher keine Ochsen für uns.
Vielleicht beim nächsten Mal, das Dovrefjell liegt ja ganz gut “am Weg”.
Grüße Christian
[…] zu zelten und deshalb schon verschiedene Zelte besessen. Ob auf Interrail-Touren durch Europa, beim Trekking in Norwegen oder auf einem Campingplatz an der Nordsee – Schlafen im Zelt ist für mich immer ein ganz […]
Ein toller Blog. Danke für die unermüdliche Arbeit, die in diesem Blog steckt.
Liebe Grüße Alisa